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Der bundesstaatliche Finanzausgleich
Ziele des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
In einer Gemeinschaft, egal ob Familie, Verein oder Verband, gibt es Aufgaben, die gemeinsam oder nach Absprache und festgelegten Regeln von einzelnen Mitgliedern wahrgenommen werden. Genauso ist es auch in einem föderalen Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland: Die vielfältigen für die Gesellschaft und die Einwohnerinnen und Einwohner wahrzunehmenden Aufgaben werden von den unterschiedlichen staatlichen Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten erfüllt.
Die Bundesländer wie Niedersachsen ermöglichen hierbei insbesondere das Lernen in Schulen, die Lehre und die Forschung an Universitäten, gewährleisten Sicherheit durch Polizei und Justiz, planen, bauen und unterhalten Landesstraßen und erfüllen viele weitere Aufgaben, zum Beispiel im Gesundheitswesen, in der Daseinsvorsorge, für die Wirtschaft, für die Landwirtschaft oder im kulturellen Bereich. Aber: All das kostet Geld – Geld, das die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft, für die diese Leistungen erbracht werden, zumeist über Steuern, aber auch über Gebühren und Beiträge in die Kasse ihres Landes zahlen. Die finanzielle Ausstattung (Finanzkraft) eines Landes ist dabei stark abhängig von der Stärke seiner Wirtschaft, von der Anzahl und Leistungsfähigkeit seiner Einwohnerinnen und Einwohner, von räumlichen, konjunkturellen und strukturellen Gegebenheiten und Einflüssen sowie von historischen und aktuellen Ereignissen.
Die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder – und damit auch die Höhe ihrer Einnahmen – können sich daher stark unterscheiden. Gleichwohl benötigen alle Länder für die Erledigung ihrer Aufgaben eine angemessene Finanzausstattung, um das im Grundgesetz vorgegebene Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet erreichen zu können. Durch den bundesstaatlichen Finanzausgleich soll daher eine gerechte Verteilung des verfügbaren Steueraufkommens und ein im Bundesdurchschnitt ausgewogenes Verhältnis der Einnahmen aller Länder gewährleistet werden.
Die Verteilung des Steueraufkommens im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
Das Ziel einer angemessenen Finanzausstattung aller staatlichen Ebenen wird im bundesstaatlichen Finanzausgleich durch ein mehrstufiges, durch das Grundgesetz vorgegebenes Verteilungsverfahren gewährleistet:
1. Vertikale Steuerverteilung
Zunächst erfolgt im Rahmen der vertikalen Steuerverteilung eine Verteilung des gesamten Steueraufkommens auf den Bund und die Gesamtheit der Länder sowie die Gemeinden. Nach dem so genannten Trennsystem werden hierbei einige Steuerarten vollständig einer bestimmten staatlichen Ebene zugeordnet. Dem Bund steht demnach das gesamte Aufkommen aus den Bundessteuern (u. a. Versicherungsteuer, Verbrauchsteuern wie z. B. Energiesteuer und Tabaksteuer) zu, die Länder erhalten das Aufkommen aus den Landessteuern (z. B. Erbschaftsteuer, Grunderwerbsteuer) und die Gemeinden bekommen das Aufkommen aus den Gemeindesteuern (Gewerbesteuer, Grundsteuer, örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern).
Andere Steuerarten stehen hingegen im so genannten Verbundsystem Bund, Ländern und Gemeinden gemeinschaftlich zu, weswegen diese Steuern auch als Gemeinschaftssteuern bezeichnet werden. Hierzu gehören die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Kapitalertragsteuer und die Umsatzsteuer. Von der Körperschaftsteuer erhalten Bund und Länder jeweils einen Anteil von 50 Prozent, von der Einkommensteuer steht Bund und Ländern jeweils ein Anteil von 42,5 Prozent und den Gemeinden ein Anteil von 15 Prozent zu. Die Kapitalertragsteuer wird zu jeweils 44 Prozent auf Bund und Länder verteilt, den restlichen Anteil von 12 Prozent erhalten die Gemeinden. Von der Umsatzsteuer erhalten Bund, Länder und Gemeinden jeweils einen variablen Anteil, der sich aus einem Bundesgesetz, dem sogenannten Finanzausgleichsgesetz, ergibt.
2. Horizontale Steuerverteilung
Das der Ländergesamtheit zustehende Steueraufkommen wird in diesem Schritt auf die einzelnen Länder verteilt. Nach dem Prinzip des örtlichen Aufkommens erhält dabei jedes Land grundsätzlich das Steueraufkommen, das von den Finanzbehörden auf seinem Gebiet vereinnahmt wird.
Um erhebungstechnische Verzerrungen zu vermeiden, gelten für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer Ausnahmen vom Prinzip des örtlichen Aufkommens: So arbeiten ja beispielsweise viele niedersächsische Bürgerinnen und Bürger in einem anderen Bundesland, obwohl sie in Niedersachsen wohnen. Dieses andere Bundesland würde dann die Einkommensteuer erhalten, obwohl die Bürgerin bzw. der Bürger ganz überwiegend die Infrastruktur, die staatlichen Einrichtungen und Leistungen in Niedersachsen in Anspruch nimmt.
Auch viele Wirtschaftsunternehmen haben heutzutage zwar in vielen Bundesländern Betriebsstätten, aber nur in einem Bundesland eine zentrale Verwaltung. Die Steuern führt das Unternehmen in diesen Fällen allein an das für die Zentrale zuständige Finanzamt ab. Durch entsprechende gesetzliche Regelungen soll daher erreicht werden, dass jedes Land näherungsweise die Einkommensteuereinnahmen erhält, die für die Einkommen seiner Einwohnerinnen und Einwohner innerhalb und außerhalb seines Territoriums entrichtet werden. Gleichermaßen soll die Körperschaftsteuer auf alle Länder verteilt werden, in denen ein Unternehmen Betriebsstätten unterhält. Diese Korrektur des Prinzips des örtlichen Aufkommens wird als Steuerzerlegung bezeichnet.
Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird ebenfalls abweichend vom Prinzip des örtlichen Aufkommens verteilt. Jedes Land erhält dabei grundsätzlich einen Anteil nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen der Länder. Um einen angemessenen Ausgleich zwischen den unterschiedlich hohen Steuereinnahmen der Länder zu erreichen, erhalten hierbei jedoch Länder mit einem geringen Finanzaufkommen – wie das Land Niedersachsen – Zuschläge, während Länder mit hohen Steuereinnahmen Abschläge abgezogen bekommen. Dieses System der finanzkraftabhängigen Zu- und Abschläge – der sogenannte Finanzkraftausgleich – ersetzt seit der ab 2020 geltenden Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs das bis einschließlich 2019 praktizierte System des Länderfinanzausgleichs.
3. Bundesergänzungszuweisungen (vertikaler Finanzausgleich)
Länder, deren Finanzkraft nach den dargestellten Verteilungsschritten und trotz des Finanzkraftausgleichs noch unter dem Bundesdurchschnitt liegen, erhalten vom Bund ergänzende Zuweisungen zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs. Durch diese allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen – von denen auch das Land Niedersachsen profitiert – wird der verbleibende Abstand zur bundesdurchschnittlichen Finanzkraft weiter verringert.
Neben den allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen erhalten einzelne finanzschwache Länder noch zusätzliche Mittel vom Bund, um besondere Belastungen auszugleichen. Diese Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen werden gewährt zum Ausgleich von Sonderlasten durch strukturelle Arbeitslosigkeit, überdurchschnittlich hohe Kosten politischer Führung sowie unterdurchschnittliche Gemeindefinanzkraft und unterdurchschnittlichen Forschungsförderungsmittelzufluss. Von der Bundesergänzungszuweisung zum Ausgleich zu geringer Forschungsförderungsmittel profitiert auch das Land Niedersachsen.
Für den Finanzausgleich besonders maßgeblich sind die folgenden Regelungen
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